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Archive for August, 2013

Einfach geschlechtsneutral

Friday, August 23rd, 2013

Seit vielen Jahren bekümmern mich die höchst sperrigen Lösungen für eine geschlechtsneutrale Ausdrucksweise. Ganz egal ob es um Binnen-I, Unterstrich, Alternierende Geschlechtszuordnungen oder gar um die permanente Erwähnung beider Geschlechter geht: Nichts davon ist knapp oder einfach. Die meisten Ansätze lösen noch dazu nicht das selbe Problem beim Sprechen. Nur bei einem Geschlecht zu bleiben und dabei irgendwo zu erklären, dass damit trotzdem alle gemeint sind, ist aus meiner Sicht ebenfalls keine zufreidenstellende Lösung. (Wir können das Rad der Zeit nicht zurückdrehen und so tun, als hätten wir nie vom Baum der Erkenntnis genascht und würden das Problem gar nicht erst erkannt haben.)

Leider ist die deutsche Sprache mit völlig unnötigen Geschlechtszuordnungen geradezu gespickt.

Ich sehne mich nach einer wirklich geschlechtsneutralen Ausdrucksweise, die unsere Kommunikation nicht sperriger, sondern sogar einfacher macht.

Im Nachsinnen darüber bin ich ganz zwangsläufig auf die sächliche Form als neutrale Version gestoßen. Wenn wir statt neuen aufwändigen Konstrukten einfach für alle bisher unnötig geschlechtsspezifischen Formen ein simples Neutrum einsetzen, dann müssen wir weder die Grammatik ändern, noch zahlreiche neue Worte erfinden. Wir können dann einfach sächliche Artikel nutzen und sehr einfach wie bisher weiter machen:

Wo wir uns bisher auf Nutzer und Nutzerinnen bezogen oder einen einzelnen Nutzer bzw. eine einzelne Nutzerin ansprachen, könnten wir auch einfach von den Nutzis bzw. dem Nutzi sprechen.

Freilich klingt ein i als Endung statt er oder erin vorerst ungewohnt, aber diese Form ist extrem leicht zu bilden und eindeutig weder männlich, noch weiblich. Auch die Mehrzahl mit einem angehängtem s ist völlig regelmäßig und unkompliziert zu bilden. Da dabei ganz gewöhnlich die sächlichen Artikel verwendet werden können, brauchen wir für eine großflächige Anwendung der neuen geschlechtsneutralen Ausdrucksweise tatsächlich nicht mehr als für alle geschechtsspezifischen Begriffe ein sehr einfach gebildetes Neutrum zu verwenden. (Natürlich können manche neutrale Formen schwerer als andere gebildet werden, aber es sollte absolut kein Problem sein, hier eine allgemeine Empfehlung zu definieren.)

Beispiele:

neutrum (Mehrzahl) männlich (Mehrzahl) weiblich (Mehrzahl)
das Richti (die Richtis) der Richter (die Richter) die Richterin (die Richterinnen)
das Baui (die Bauis) der Bauer (die Bauern) die Bäurin (die Bäuerinnen)
das Arzti (die Arztis) der Arzt (die Ärzte) die Ärztin (die Ärztinnen)
das Heiligi (die Heiligis) der Heilige (die Heiligen) die Heilige (die Heiligen)
das Chefi (die Chefis) der Chef (die Chefs) die Chefin (die Chefinnen)

Ich kann nicht erwarten einen neuen Standard zu definieren, aber ich werde diese Formulierung testweise einsetzen und in der Praxis prüfen auf welche Schwierigkeiten ich damit stoße.

Ist proprietäre Software sittenwidrig?

Thursday, August 22nd, 2013

Aus aktuellem Anlass habe ich mich etwas mit der Rechtslage zum Thema Sittenwidrigkeit in Österreich befasst.

Dabei ist mir im AGBG § 879 folgender Text aufgefallen:

(3) Eine in Allgemeinen Geschäftsbedingungen oder Vertragsformblättern enthaltene Vertragsbestimmung, die nicht eine der beiderseitigen Hauptleistungen festlegt, ist jedenfalls nichtig, wenn sie unter Berücksichtigung aller Umstände des Falles einen Teil gröblich benachteiligt.

Ist es eine Hauptleistung proprietärer Software, intransparent, unnachvollziehbar und nicht anpassbar zu sein? Aus meiner Sicht benachteiligen übliche Nutzungsverträge für proprietäre Software bzw. Dienste ihre Benutzis gröblich. Es ist immerhin klar nicht im Interesse von Nutzis, ohnmächtig der Willkür anderer ausgeliefert zu sein, besonders weil digitale Datenverarbeitung mittlerweile ein unverzichtbarer Bestandteil unseres Alltages ist.

Wie kann es den guten Sitten entsprechen, uns durch Nutzungsverträge derart weitreichend einzuschränken, dass wir keine Chance mehr haben, tatsächlich jene Zwecke zu erfüllen, die uns ursprünglich dazu motivierten, überhaupt einen entsprechenden Vertrag schließen zu wollen? Wer entscheidet sich absichtlich, einen Computer oder einen Service zu nutzen, der ihm keine Privatsphäre erlaubt?

Garantiert will die überwiegende Mehrheit Computer einsetzen, über deren Aktivitäten sie selbst bestimmen kann. Wir holen uns nicht absichtlich ferngesteuerte Drohnen ins Haus, die uns zwar wechselnde fremdbestimmte Interaktionen erlauben, aber eben auch systematisch unsere persönlichen Daten Unbekannten übermitteln.

Die starken Reaktionen auf das Bekanntwerden der groß angelegten Überwachung verschiedener Institutionen (Schlagwörter: PRISM, INDECT, Snowden, …) illustrieren deutlich, wie empört die meisten Menschen über diese Vorgänge sind.

Sie könnten nicht derart empört sein, wenn sie sich wissentlich auf diese Bedingungen eingelassen hätten. Die Fernseuerung und Datenweiterleitung ist offensichtlich in den meisten Fällen keine Hauptleistung der Nutzungsverträge, aber eindeutig zum Nachteil aller, die diese Programme und Dienste nutzen.

Gemäß AGBG § 879 [3] handelt es im Falle proprietärer Software und entsprechenden online Diensten also ganz klar um Verträge, die als nichtig angesehen werden müssen.