Freie Software: Eine Infrastrukturaufgabe

Ich habe gerade “Die schöne Utopie” von Rainer Fischbach gelesen, wie alle seine Bücher ist es sehr interessant und anregend. Auf Seite 83 schreibt er Folgendes zu Freier Software:

Freie bzw. offene Software wird deshalb nur in dem Maße zu einem verallgemeinerbaren Modell werden, das sich auch jenseits der Inseln, auf denen es heute prosperiert, zu verbreiten vermag, in dem ihr Charakter als öffentliche Infrastruktur und öffentliches Gut politisch wahrgenommen und zum Motiv für den Aufbau entsprechender, auch Öffentlich finanzierter, Einrichtungen wird. Solange sie zufälligen individuellen Neigungen oder einzelnen kommerziellen Interessen überlassen bleibt, wird sie das Bild ungleichmäßiger und zum Teil wenig verlässlicher Qualität nicht hinter sich lassen. Doch das wäre an der Zeit. Eine Gesellschaft, in der die digitale, elektronische Kommunikation und der Zugang zu entsprechenden Diensten eine der Bewegung und dem Treffen auf öffentlichen Wegen und Plätzen gleichwertige Bedeutung erlangt hat, muss dafür auch eine öffentliche Infrastruktur schaffen. Öffentlich finanzierte offene Software kann dabei eine entscheidende, doch nicht die einzige Rolle spielen. Hier liegt eine der vielen staatlichen Infrastrukturaufgaben, von denen MASON keine Vorstellung zu haben scheint.

In einer Diskussion auf der fsfe-de-Liste ist der Gedanke, daß Software öffentlich finanziert werden müsse, auf heftige Ablehnung bei einigen gestoßen, was mich sehr überrascht hat. Ich bin deshalb gespannt, wie diese Aussage gesehen wird.

Die vier (fünf) Freiheiten – Nur ausgedacht?

Ich habe bisher sehr selten erlebt, erinnern tue ich mich an keinen Fall, dass in der Auseinandersetzung um Freie Software die Tatsache verwendet wird, dass die vier (fünf) Freiheiten nicht einfach aus der Luft gegriffen sind, sondern ihnen technische Eigenschaften von Software entsprechen. Es gibt z.B. keinen technischen Grund, der das Kopieren von Software einschränkt.
Für unsere “Linux-im-Alltag”-Arbeit in Mülheim an der Ruhr habe ich deshalb einen Text verfasst, der dies genauer beschreibt. Er ist zu finden unter

Freie Software: Hintergrund.

Der Text richtet sich an Menschen ohne tiefere informationstechnische Kenntnisse. Für kritische Rückmeldungen bin ich dankbar.

In diesem Zusammenhang bin ich zur Erkenntnis gekommen, dass im Vergleich von BSD-Lizenz und GPL nicht etwa die GPL die unfreiere Lizenz ist. Die GPL fordert, dass die vorhandenen technischen Eigenschaften von Software nicht eingeschränkt werden dürfen, die BSD-Lizenz lässt dies zu. Vergleiche ich das zum Beipsiel mit in Freiheit lebenden Tieren, fordert die GPL, dass der Tiger in Freiheit bleiben muss, die BSD-Lizenz lässt zu, dass er in einen Zoo gesperrt werden darf.

Bei Software ist das natürlich anders. Selbstverständlich gibt es legitime Gründe dafür, die Eigenschaften von Software zu beschneiden. Das sind aber immer Gründe, die keine technische Grundlage haben.

Bitcoin: ein Energiefresser!

Was es nicht alles gibt! Mit bitcoin habe ich mich noch nicht beschäftigt. Das wird sich jetzt ändern, weil ich auf ein umfassende Quelle gestoßen bin:
the balance – bitcoin basics.

Aufmerksam geworden bin darauf über den Artikel How Much Power Does the Bitcoin Network Use?, in dem es u.A. heißt:

At this rate, the bitcoin network runs at 342934450 watts, which equates to around 343 megawatts. Calculations based on EIA data reveal that the average US household consumes about 1.2 kilowatts of power, meaning that 343 megawatts would be enough to power 285,833 US homes at the time of writing (May 2015).

Auf motherboard habe ich dann einen weiteren Artikel zum Energiebedarf von bitcoin gefunden. Zitate:

That’s because bitcoin is incredibly energy intensive: at the time of Malmo’s piece, he calculated that a single bitcoin transaction requires as much electricity as the daily consumption of 1.6 American households, and that number has increased since then. “Adopting Bitcoin as a major currency anytime in the next few decades,” he wrote, “would just exacerbate anthropogenic climate change by needlessly increasing electricity consumption until it’s too late.”

As I have some experience in developing energy scenarios, I wanted to see how this could develop into the future. My findings weren’t much more encouraging. According to my calculations, if the bitcoin network keeps expanding the way it has done recently, it could lead to a continuous electricity consumption that lies between the output of a small power plant and the total consumption of a small country like Denmark by 2020.

Even in the optimistic scenario, just mining one bitcoin in 2020 would require a shocking 5,500 kWh, or about half the annual electricity consumption of an American household. And even if we assume that by that time only half of that electricity is generated by fossil fuels, still over 4,000 kg of carbon dioxide would be emitted per bitcoin mined. It makes you wonder whether bitcoin could still be called a virtual currency, when the physical effects could become so tangible.

In einem weiteren Artikel auf motherboard heißt es:

With about 110,000 transactions per day, that works out to 1.57 households daily usage of electricity per Bitcoin transaction. Yes, every time you buy something in Bitcoin, you could be using as much electricity as 1.57 American families do in a day.

Working off these (admittedly imperfect) figures, each VISA transaction consumes around 0.0003 household’s daily electricity use. That makes Bitcoin about 5,033 times more energy intensive, per transaction, than VISA, at current usage levels.

Interessant wären ein Vergleich mit Bargeld und dem GNU-Projekt Taler

Also: leider wieder ein Bereich, wo Digitaltechnik die Umwelt enorm belastet.

Die Nutzungsphase für digitale Geräte beansprucht immer mehr Ressourcen

Bekanntlich ist die Nutzungsphase digitaler Geräte die Phase im Lebenszyklus, in der die wenigsten Ressourcen verbraucht werden.  Aber auch in dieser Phase gibt es bedenkliche Entwicklungen:

Da immer größere Datenmengen gespeichert werden müssen, wird der Verbrauch an Elektrischer Energie dort bis 2020 um 30% zunehmen. Eine Ursache dafür ist sicherlich, das die Nutzer immer mehr zu Nutzung von Cloud-Diensten gedrängt werden, was auch Folgen für die Privatsphäre und die Sicherheit der Daten hat.

Im Vergleich zum Anstieg des Energieverbrauchs in den mobilen Netzen, ist das aber bescheiden. In den mobilen Netzen wird der Energieverbrauch bis 2020 um 150% steigen. Geschuldet ist das der “Immer-Online-Kultur”. Der zunehmende Energieverbrauch entsteht also auch dadurch, daß die Leute nicht auf den Eingang der nächsten Whatsapp, Twitter oder facebook Nachrichten,  die zu einem großen Teil belanglos sind, warten können, bis ein WLAN in der Nähe ist. Freifunk könnte also auch einen Beitrag zur Entlastung der Umwelt leisten.

 

Quelle: Resource Efficiency in the ICT Sector
Final Report, November 2016
Oeko-Institut e.V.
www.oeko.de

Von smart zu sinnlos – die globalen Auswirkungen von 10 Jahren Smartphone

Ich bin mal wieder auf einen interessanten Text zur Nachhaltigkeit von Smartphones gestoßen, From smart to senseless, in dem die globalen Folgen der Produktion, Nutzung und Entsorgung der in den letzen 10 Jahren produzierten ca. 7 Milliarden Smartphones dargestellt.

Es ergibt sich das zu erwartende Bild: ca. 70 % des Energieverbrauchs entsteht bei der Fertigung, 20 % bei der Nutzung, 2% bei der Entsorgung und 6% bei der Distribution. Daß die Distribution einen so hohen Anteil hat, hätte ich nicht gedacht. Daß nur 2% bei der Entsorgung entstehen, hat vermutlich damit zu tun, daß die Rückgewinnung von Rohstoffen nur in Ansätzen erfolgt.

Die traurigste Tatsache ist allerdings, daß in den USA die durchschnittliche Nutzungsdauer nur zwei Jahre beträgt.

Wo ein Grund für die Misere liegt, ergibt sich aus dem folgenden Zitat:

And sadly, the problems with smartphones do not end when a consumer is ready to repair or upgrade their phone. Major smartphone manufacturers are increasingly making product design decisions that take away an individual’s ability to replace the battery or add more memory. As a result, all the resources, energy, and human effort expended to make each phone are wasted, if the phone is damaged, needs a new battery, or the user outgrows the storage capacity. This greatly reduces the lifespan of the product and drives demand for new products and maximum profit.

Diese Design-Entscheidungen finden sich leider auch bei Tablets und Laptops.

Der Ausweg aus der Misere wird auch benannt:

We are calling for a new business model, in which smartphone manufacturers take into account the impacts their popular devices are having on our planet, and the desire of consumers to slow down the rate of phones they go through in a decade. Manufacturers should measure their innovation not by fewer millimeters and more megapixels, but by designing devices to last, by making them easily repairable and upgradeable, and using components and materials that can safely be reused again and again to make
new phones.

Mit meinem Fairphone habe ich wohl einen Hersteller gefunden, der versucht dieses Modell umzusetzten.

Industrie 4.0 – Schöne neue Welt oder Ressourcenfluch 4.0

Industrie 4.0 ist in letzter Zeit zu einem der Hype-Themen geworden, riesige Erwartungen werden daran genknüpft. Da Software eine der Grundlagen für die Industrie 4.0 ist, geht sie meiner Meinung nach auch die FSFE an, die prüfen sollte, wo sie tätig werden kann oder muß. Die mit der Industrie 4.0 verbundenen Sicherheitsrisiken, verschärft durch die Tatsache, daß der Quelltext der verwendeten Software überwiegend geheim ist, sollte schon Anlaß genug sein.

Auf einen für mich wesentlichen Aspekt bin ich aufmerksam geworden durch die Broschüre Ressourcenfluch 4.0
Die sozialen und ökologischen Auswirkungen von Industrie 4.0 auf den Rohstoffsektor

Die Industrie 4.0 wird nicht wie teilweise behauptet Ressourcenprobleme lösen sondern verschärfen. Dies gilt insbesonders für die Menschen, die in den Fördergebieten leben. Einige Zitate aus der Broschüre:

Die rohstoffpolitischen Forderungen der Industrie, die weiterhin einseitig die Versorgungssicherheit in den Fokus tellen, werden die globalen Herausforderungen des Rohstoffabbaus nicht lösen. Genau im Gegenteil, Industrie 4.0 scheint die schon jetzt mit dem Rohstoffabbau einhergehenden Herausforderungen an vielen Stellen massiv zu verschärfen.

Es ist eben nicht so, wie das BMWi frohlockt, dass die „deutsche Wirtschaft nachhaltiger [wird], da Industrie 4.0] erheblich zu Ressourcenschonung und Energieeffizienz beiträgt“ (BMWi 2015). Im Gegenteil: Die große Gefahr besteht, dass ein Pfad eingeschlagen wird, der nicht-nachhaltig, ressourcenintensiv und am Ende nur ein Irrweg ist, an dessen Wegesrand regelmäßig Menschen­rechtsverletzungen und ökologische Katastrophen zu finden sind. Ein Ressourcenfluch 4.0 bahnt sich für viele Gemeinschaften an, die noch heute auf den Rohstofflagerstätten leben, dort Landwirtschaft betreiben oder das knapper werdende Gut Wasser nutzen.

Zeitgleich steigt durch die Produktion von Sensoren, Displays, Mikrochips und anderen Empfangs- und Sendegeräten die Gefahr, dass metallische Rohstoffe „verbraucht“ werden, indem sie in Produkten nicht kenntlich gemacht und somit nicht zurückgewonnen werden.

Viele deutsche Unternehmen waschen ihre Hände in Unschuld, obwohl sie über die Lieferkette und als Nutznießer der Rohstoffe in Menschenrechtsverletzungen direkt oder indirekt involviert sind. Daher braucht es dringend ein verpflichtendes Gesetz zu gebührender menschenrechtlicher Sorgfalt im globalen Geschäftsverkehr.
Unternehmen müssen verpflichtet werden, die Auswirkungen ihrer Aktivitäten und Geschäftsbeziehungen auf Menschenrechte und Umwelt entlang der gesamten Wertschöpfungskette zu untersuchen und negativen Auswirkungen entgegenzuwirken.

Umfassende Informationen zu elektronischem Müll in einem UN-Report

Die Universität der UNO, die UNU (ich wußte gar nicht, daß es sowas gibt) hat einen umfassenden Bericht zur Situation bei elektronischem Müll im Jahr 2014 heraus gegeben. Eine Zusammenfassung der Ergebnisse findet sich hier:
Global E-Waste Volume Hits New Peak in 2014: UNU Report

Auf dieser Seite findet sich auch der link zum Download des Reports, in dem auch sehr anschauliche Grafiken enthalten sind.

Die Projektion für die nächsten Jahre sagt, daß es immer schlimmer wird.

Besser wird es nicht: Zur Entwicklung des Energieverbrauchs digitaler Geräte

The energy consumption of electronic devices is skyrocketing, as was recently reported by the International Energy Association (“Gadgets and gigawatts”). According to the research paper, the electricity consumption of computers, cell phones, flat screen TV’s, iPods and other gadgets will double by 2022 and triple by 2030. This comes down to the need for an additional 280 gigawatts of power generation capacity. An earlier report from the British Energy Saving Trust (The ampere strikes back – pdf) came to similar conclusions.

There are multiple reasons for the growing energy consumption of electronic equipment; more and more people can buy gadgets, more and more gadgets appear, and existing gadgets use more and more energy (in spite of more energy efficient technology – the energy efficiency paradox described here before).

Aus dem sehr lesenswerten Artikel

The monster footprint of digital technology

1 PC = 1 Sportwagen?

Bei meiner Suche nach Quellen zu Nachhaltigkeit und Digitaltechnik bin ich auf folgende Broschüre gestoßen:

Unsichtbare Kosten der PC-Fertigung

Die Broschüre ist aus dem Jahr 2007 und auf Deutsch. Es war für mich bisher sehr schwierig, aktuelle Darstellungen zum Thema zu finden, die umfassend und auf Deutsch geschrieben sind. Da bin ich für Hinweise dankbar. Wesentlich verbessert hat sich die Situation aber inzwischen nicht. Deutlich zugenommen hat nur das Greenwashing.

Daraus zwei Zitate

Das Bild einer entmaterialisierten Netzwerkgesellschaft blendet die sozialen und ökologischen Kosten der Herstellung und Entsorgung von Computern aus.

und

So entspricht die für die Herstellung eines PCs notwendige Menge an Rohstoffen in etwa der Menge, die für die Herstellung eines durchschnittlichen Sportwagens notwendig ist.

Das hätte ich nun doch nicht gedacht. Wie beim PC entfallen auch beim Auto übrigens 80% der Umweltbelastung auf die Herstellung. Also: Oldies fahren! Die sind zudem ja auch noch viel schöner.

Digitaltechnik und Nachhhaltigkeit

Gegenwart und Zukunft des Team-NRW

Mit großen Hoffnungen wurde am 11. November 2015 in Düsseldorf das Team NRW gegründet. Aufgabe des Teams sollte es sein, auf Landesebene koordiniert Aktionen zur Förderung Freier Software auf den Weg zu bringen.

Ich habe dann bald nach der Gründung ein Wiki für das Team-NRW angelegt und mit ersten Inhalten gefüllt, die wenige Leute ergänzt haben.

Versucht habe ich auch, weitere Mitglieder für das Team zu gewinnen. Da das Team landesweit arbeiten sollte, schien es notwendig, aus jedem Regierungsbezirk in NRW wenigstens einen Fellow für die Mitarbeit zu gewinnen. Das ist leider nicht gelungen, das Team besteht gegenwärtig aus drei Personen, die alle aus dem Bezirk Düsseldorf kommen.

Damit das Team-NRW als Team arbeiten kann, also in regelmäßigen Treffen Aufgaben entwickeln und verbindlich vereinbaren kann, reicht diese Struktur nicht aus. In der jetzigen Zusammensetzung ist das Team eine Fiktion.

Die Mitglieder des Teams haben deshalb die Auflösung des Teams beschlossen. Es macht keine Sinn, die Fiktion eines Teams aufrecht zu erhalten, wenn offensichtlich zu wenige Fellows im Land Interesse an der Mitarbeit haben.

Damit ist die Idee eines Teams aber für die Zukunft nicht aufgegeben. Wolf-Dieter Zimmermann und ich wollen in nächster Zeit versuchen, in der Lehrerausbildung, das ist der Bereich, in dem wir lange gearbeitet haben, ein landesweites Projekt auf den Weg zu bringen. Gegenwärtig werden die Zentren für schulpraktische Lehrerausbildung mit IT-Technik ausgestattet, Konzepte für die Ausbildung der Lehramtsanwärter und die Qualifizierung der Ausbilder sollen in den kommenden Jahren entwickelt und umgesetzt werden. Die Begleitung durch Personen, die den Einsatz Freier Software im Bildungsbereich für zwingend nötig halten, scheint uns unverzichtbar.

Sollten Fellows durch diesen Bericht angeregt worden sein, im Team-NRW mitzuarbeiten, bitte ich um Nachricht. Dann könnte das Team-NRW schnell wieder zum Leben erweckt werden.