Categories

A sample text widget

Etiam pulvinar consectetur dolor sed malesuada. Ut convallis euismod dolor nec pretium. Nunc ut tristique massa.

Nam sodales mi vitae dolor ullamcorper et vulputate enim accumsan. Morbi orci magna, tincidunt vitae molestie nec, molestie at mi. Nulla nulla lorem, suscipit in posuere in, interdum non magna.

Der Fluch der Usability

Während wir Deutschen uns noch ein wenig gedulden müssen, bis ER SEIN diesjähriges Oster-i auch hier bei uns abdrückt, geht es in den USA schon rund. Und wie nicht anders zu erwarten liefert der US-amerikanische Verkaufsstart des iPads dem seit seiner Vorstellung brodelnden Flamewar frisches Brennholz. Ganz besonders heftig tobt der Glaubenskrieg zwischen eingeschworenen Apple-Jüngern auf der einen Seite und FOSSis auf der anderen.

Viele iFans—unter ihnen der hervorragende Schauspieler und Dokumentationsautor Stephen Fry, der sich eigentlich auch schon einmal recht medienwirksam zu freier Software bekannt hatte—knüpfen an das iPad weitreichende Heilsversprechen—nicht zuletzt auch der FAZ-Mitherausgeber Frank Schirrmacher: kein körperverletzendes Multitasking mehr, Surfen sowie Lesen digitaler Bücher bequem auf der Couch, die Verlage können endlich auch digitale Inhalte gegen Geld loswerden, Computer zu bedienen wird noch einfacher, und auch unseren Großeltern stehe dank iPad nun der Weg in die digitale Welt offen. Die Kritiker bemängeln am iPad neben technischen Kritikpunkten—kein Flash, keine Kamera, kein USB-Anschluss, keine elektronische Tinte, sondern ein normales LCD, und damit kein mit dem Buch vergleichbares Lesen wie auf dem Kindle oder dem OLPC XO-1—vor allem die mit ihm einhergehenden massiven Einschränkungen der Freiheit: Das iPad werde die dezentrale Peer-to-Peer-Kommunikation im Internet zerstören und ihm TV-ähnliche Broadcasting-Paradigmen aufzwingen, und mit Hilfe seiner DRM-Verseuchung helfe es Apple dabei zum neuen Gatekeeper der digitalen Welt zu werden. Es wird außerdem kritisiert, dass Apple allein kontrolliert, welche Apps auf dem iPad laufen, welche Bücher, Zeitungen und Zeitschriften man lesen, welche Musik man hören und welche Filme man anschauen kann—zumindest, was iTunes und den Appstore betrifft. Das ist zwar beim iPhone nicht anders und auch auf diesem schon schlimm genug, aber wenigstens handelt es sich beim iPhone nur um ein Smartphone, und nicht um etwas, das für einen sehr großen Teil der Menschen den PC ersetzen könnte. Alex Payne befürchtet gar, dass er nie zum Programmierer hätte werden können, hätte er als Kind statt eines PCs ein iPad gehabt. Überhaupt ist für so manchen Apple mehr Religion denn eine Firma,…

Doch nicht um Apple oder das iPad, ob es eine Kamera braucht oder Flash darauf laufen sollte, soll es mir hier gehen. Das iPad dient mir nur als Aufhänger zur Diskussion einer viel weitreichenderen Frage, zu der ich genauso gut auch Googles Chrome OS hätte heranziehen können: Die New York Times hat die Behauptung aufgestellt, dass die einzigen, die diese Einschränkungen am iPad wirklich stören, die einzigen, die sie überhaupt bemerken, „Techies“ seien, also Leute, die sich gut mit Technik auskennen und gerne damit herumspielen. Allen anderen, den „normalen Menschen“ also, sei das egal, und es dürfe ihnen auch ruhig egal bleiben. Sie wollen den Technikkram doch einfach nur benutzen und freuen sich über alles, das ihnen den Umgang damit einfacher macht—sei es nun das iPad oder Googles Chrome OS. Eine Argumentation, die man in ähnlicher Form durchaus auch gerichtet gegen freie Software finden kann: Freie Software sei doch nur für Leute interessant, die auch programmieren können, den einfachen Anwender tangiere es doch überhaupt nicht, ob eine Software die vier Freiheiten biete oder nicht. Mögen die Techies doch an ihrem Linux-Open-Source-Zeug herumfrickeln und die einfachen Anwender mit ihrem Windows, ihrem Chrome OS und ihrem iPad in Ruhe glücklich sein lassen!

Ich bin überzeugt, dass aber ganz genau darin—dass ein Großteil der Menschen Computer, das Internet und Technik im allgemeinen möglichst „einfach nur als Werkzeug“ verwenden (wollen), ohne auch nur einen Gedanken daran zu verschwenden, was damit zusammenhängt oder zusammenhängen könnte—eine sehr große Gefahr für unsere Gesellschaft besteht. Denn immer mehr Menschen erledigen immer mehr Dinge mit dem Computer bzw. einem „computerähnlichen Device“: Wir informieren uns inzwischen hauptsächlich über das Netz, ein Großteil unserer Kommunikation läuft über Email, Jabber, VoIP und leider auch über Facebook, StudiVZ und Konsorten, in Blogs, Foren und Mailinglisten geben wir unsere Meinung kund, wir verwalten unsere Fotos und unsere Musik digital, unser Tagebuch schreiben wir am PC, usw. Wenn aber immer mehr Menschen dies ohne jegliches Bewusstsein tun, ja ohne die Bereitschaft überhaupt, sich mit den grundlegenden Zusammenhängen auseinanderzusetzen, dann sehe ich das als große Gefahr für unsere Gesellschaft, auf eine Technokratie zuzusteuern. Denn dann sind diese Menschen der Technik und den wenigen großen Firmen, die sie herstellen bzw. betreiben, ausgeliefert; und gewisse Dinge sind ihnen dann einfach egal—solche Dinge wie, dass bei Chrome OS ihre Daten nicht mehr lokal auf ihrer Festplatte liegen, sondern von Google „sicher in der Cloud verwaltet werden“ oder dass Apple allein kontrollieren kann, welche Apps sie auf ihrem iPhone/iPad/iX installieren und welche Bücher, Zeitungen, Zeitschriften und Musik sie über den iTunes Store beziehen können und welche nicht. Nein: ohne ein Minimum an Wissen und Bewusstsein sind ihnen diese Dinge nicht einmal egal—sie wissen nichts von ihnen und dass sie vielleicht sogar eine Wahl hätten, und sie machen sich auch keine Gedanken darüber—schließlich wollen sie das Zeug doch einfach nur verwenden. Im schlimmsten Fall sind sie so unwissend, dass sie etwas wie den Unterschied zwischen einer lokalen Datei oder einer Datei in der Cloud nicht einmal verstehen würden.

Nur ein mit minimalem technischen Grundwissen ausgestatter Mensch kann auch in einer Informations- und Wissensgesellschaft ein bewusst handelnder, mündiger Bürger sein. Das ist, was Douglas Rushkoff meint, wenn er sagt „If you are not a programmer, you are one of the programmed“: Rushkoff meint diese Aussage ja nicht wortwörtlich, dass jeder ein Hacker sein sollte. Das wäre ja auch allzublöd und lächerlich—es kann ja nicht jeder ein Hacker / Programmierer / Informatiker sein. Nein, es bedarf aber—wie bei allem anderen auch—im Umgang mit Computern und dem Internet einem Bewusstsein, der „digitalen Medienkompetenz“, die zur Zeit überall so großmäulig gefordert wird. Dieses Bewusstsein, diese „digitale Medienkompetenz“, kann aber doch nur auf Basis eines technischen Grundverständnisses entstehen, oder zumindest der Bereitschaft zu lernen und sich damit auseinanderzusetzen. Sonst weiß man doch überhaupt nicht, womit man es zu tun hat und worüber man redet, und man glaub wie Frank Schirrmacher an absurde Dinge wie, dass in allen Computerprogrammen heute noch Teile der Atomschlag-Abwehrsoftware „Leviathan“ stecken.

Aus diesem Grund bin ich der Überzeugung, dass es für eine sich immer mehr digitalisierende Gesellschaft von essentieller Bedeutung ist, dass viele ihrer Mitglieder über die grundlegenden Dinge digitaler Medien Bescheid wissen; zum Beispiel wieso man (seine Emails mit GnuPG) verschlüsseln sollte und wie man das macht, was freie Software ist und welche Bedeutung ihr für eine freie Wissensgesellschaft zukommt, welche Bedeutung Netzneutralität für ein freies und offenes Internet hat, welche ganz andere Qualität digitale Datenansammlungen im Vergleich zu angehäuften Aktenordnern haben, wieso Websperren als Mittel zur Bekämpfung von Kindesmissbrauch nicht nur unwirksam, sondern sogar kontraproduktiv sind, oder dass man das Kopieren digitaler Inhalte nur verhindern könnte, wenn man die Totalüberwachung des Internet einführt oder den Allzweckcomputer zu einer dumpfen, DRM-verseuchten Konsummaschine degradiert.

Bis vor einiger Zeit kam zumindest ein kleiner Grundstock eines solchen basalen Technikverständnis und -bewusstsein frei Haus, denn bis vor wenigen Jahren waren Computer so umständlich in ihrer Benutzung, dass jeder sich mit ihnen zumindest grundlegend auseinandersetzen musste, um sie überhaupt verwenden zu können. Doch inzwischen ist die Benutzung von Computern und ihren Verwandten so einfach geworden—und dieser Prozess macht ja nicht heute Halt, dass dieses grundlegende Technikverständnis und -bewusstsein immer weniger „von sich aus“ kommt. Das ist der „Fluch der Usability“. Ich will damit keinesfalls schlecht reden, dass es immer einfacher und bequemer wird, Computer und Technik zu verwenden—um Gottes Willen! Nur müsste die immer besser werdende Benutzerfreundlichkeit von Computern uns als Gesellschaft eigentlich dazu veranlassen darüber nachzudenken, wie wir dann anderweitig ein Mindestmaß an technischer Bildung und dem nötigen Bewusstsein im Umgang mit Computern gewährleisten können, wenn sie bei ihrer Verwendung nicht mehr automatisch mitgeliefert werden.

Das führt mich zu Punkt zwei: Gewisse Erkenntnisse verlangen, nachdem sie einmal gewonnen sind, eine Umsetzung in der Realität—möglicherweise wollen sie deshalb auch einige gar nicht erst erlangen. Doch dazu mehr in einem zweiten, späteren Blogposting… ;-)