Warum sind nachhaltige Geräte immer so wenig attraktiv?
Neulich hatte ich Gelegenheit, mein LG-D855 mit einem Fairphone II zu vergleichen. Der Vergleich fiel deutlich zugunsten meines LG aus. Das Fairphone II ist klobiger, größer, insgesamt äußerlich deutlich weniger attraktiv. Muss das so sein? Ja, es muss so sein!
Das Interesse des Herstellers LG und der anderen großen Hersteller ist, möglichst schnell möglichst viel Geräte zu verkaufen und möglichst hohen Gewinn zu machen. Nach dem Kauf sollen die Geräte möglichst schnell durch neue ersetzt werden. Daran hat nicht nur LG Interesse. Schon die Hersteller der digitalen Schaltkreise fördern das. Die Investitionen, die aufgewendet werden müssen, um die nächst größere Packungsdichte der Schaltkreise zu erreichen, sind so hoch, dass sie sich nur rechnen, wenn eine noch größere Anzahl von Schaltkreisen verkauft wird. (Deshalb wird auch das IoT so gehyped.)
Die Geräte werden deshalb so gestaltet, dass sie äußerlich möglichst attraktiv erscheinen. Ohne Rücksicht auf Verluste! Da sie möglichst schnell ersetzt werden sollen, wird keine Gedanke auf Aspekte der Nachhaltigkeit verschwendet: Reparierbarkeit, Aufrüstbarkeit, Recycling, …, das macht die Geräte doch nur unnötig teuer (man streicht lieber die Differenz als Gewinn ein). Zudem werden Moden erzeugt, wobei insbesonders der Hersteller der Geräte für die iSheep Vorreiter ist.
Das Alles geht natürlich bei nachhaltigen Geräten nicht. Die Hersteller dieser Geräte stehen vor der äußerst schweren Aufgabe, Nachhaltigkeit als attraktives äußeres Merkmal an die Oberfläche des Gerätes zu holen. Ich kenne kein Gerät, bei dem das schon gelungen ist. Der Designer müsste auch genial sein. Zudem dürfen die Geräte nur so attraktiv sein, dass sie zum Erstkauf anregen. Die nachfolgende Geräte-Generation darf nicht so attraktiv sein, dass das alte Gerät entsorgt wird, bevor es wirklich verschlissen ist. Eine kaum lösbare Aufgabe. So werden es also weiterhin rationale Gründe sein müssen, die zum Kauf nachhaltiger Geräte führen. Da ist der Markt natürlich recht klein (aber wohl wachsend). Ändern wird sich das erst, wenn die Stellung der großen Hersteller durch nachhaltige Geräte zu wackeln beginnen sollte.
In einem Bereich kann man aber etwas Hoffnung haben. Da Software mit im Vergleich zur Hardware mit drastisch weniger Ressourcen entwickelt werden kann, scheint es möglich, daß nachhaltige Geräte in diesem Bereich einen Vorsprung erreichen. Verwendet der Hersteller Freie Software und gelingt es ihm eine engagierte Entwickler-Gemeinschaft aufzubauen, können wenigstens Sicherheitsupdates über einen wesentlich längeren Zeitraum angeboten werden, als bei den großen Herstellern (bei meinem LG bekomme ich schon lange keine Updates mehr). Es scheint aber auch möglich, dass die Software mit der Zeit leistungsfähiger und attraktiver als die der Ressourcenvernichter wird.
Und was wird nun mein nächstes Smartphone? Ein Fairphone II.