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Redlichkeit am Computer

Saturday, September 3rd, 2016

Ich stoße immer wieder auf Leute, die belächeln, dass ich mich für Freie Software einsetze. Sie halten mein Engagement für unangebracht weil die Auswahl von Software aus ihrer Sicht eine reine Privatfrage ist. Wieso sollte es andere etwas angehen, welche Software sie persönlich benutzen, so lange sie keine Gesetze dabei brechen? Wieso verspüre ich überhaupt einen Antrieb ihnen ihren hübschen neuen Mac schlecht zu reden? Es schadet doch anscheinend niemandem wenn sie sich diesen harmlosen Luxus eines polierten Systems leisten, damit sie sich im Alltag nicht mit Dingen beschäftigen müssen, die ihnen lästig sind.

Das wirkt leider nur sehr oberflächlich betrachtet einleuchtend. Bloß weil unsere Handlungen vielleicht oft keine direkt sichtbaren Effekte haben, können wir noch nicht davon ausgehen, dass sie tatsächlich keine relevanten Folgen für andere haben. Rassistische Äußerungen, verändern beispielsweise auch erst mal nichts direkt. Aber sie unterstützten eine Dynamik, die problematische Auswirkungen hat und bestärkt jene, die andere auf Grund von sachlich irrelevanten Merkmalen verschieden behandeln. Respektlose Umgangsformen fördern Diskriminierung.

Ob wir uns für proprietäre oder Freie Software entscheiden, hat im Gegensatz dazu sogar direkt weitreichende gesellschaftliche Folgen. Persönliche Vorlieben sind sicher bei der Wahl von konkreten Alternativen mit den selben Grundvoraussetzungen bestimmend, aber eben nicht bei der Frage ob es proprietäre oder Freie Software sein soll, denn diese Wahl bestimmt nämlich noch deutlich mehr als nur unsere persönlichen Routinen.

Nur die Softwarewahl einer komplett isoliert arbeitenden Person wäre für andere bedeutungslos. Weil wir mit anderen interagieren, machen wir unsere Behinderungen durch proprietäre Produkte zu Einschränkungen der gesamten mit uns verbundenen Gemeinschaft. Beschränkungen behindern alle mit einander interagierenden Menschen. Da sich Gruppen auf gemeinsame Standards einigen müssen, um ihre Zusammenarbeit praktisch realisieren können, limitieren die Systeme mit den größten Einschränkungen die gemeinsam nutzbare Basis. Eine Kette ist eben nur so stark, wie ihr schwächstes Glied.

Selbst wenn in einer Gruppe nur eine einzige Person ein nicht offenes Dateiformat verwendet, müssen auch alle anderen auf das damit verbundene proprietäre Programm wechseln. Diesen Umstand nutzt proprietäre Software aus. Die einzige Begründung jemals ein geheimes Dateiformat zu nutzen liegt in der Absicht, dass Dateien ausschließlich mit dem damit verbundenen Programm bearbeitbar sein sollen. Wenn das eigene Programm das einzige ist, dass die erstellten Dateien interpretieren kann, dann ist das eine eingebaute Garantie, dass niemand auf Alternativen ausweichen kann, sobald irgendeine Person in einer Gruppe das jeweilige Format bzw. Programm benutzt hat. Wenn also nicht alle das spezifische proprietäre Programm verwenden, ist eine effektive Zusammenarbeit unmöglich.

Leider wissen die meisten Leute nicht genug über Computer um überhaupt zwischen freien und geschlossenen Dateiformaten (und Protokollen) unterscheiden zu können, denn in der Regel können proprietäre Programme auch offene Standards lesen und schreiben während es freien Programmen rechtlich verboten ist und auch technisch gezielt schwer gemacht wird, die geheimen proprietären Formate zu interpretieren. Damit bieten proprietäre Programme auf den ersten Blick zwar mehr Möglichkeiten, aber diese größere Auswahl proprietärer Programme ist lediglich eine Scheinwahl, denn sie bietet unterm Strich nicht mehr sinnvolle Lösungen als vergleichbare freie Alternativen. Unfreie Programme bieten nur neben vernünftigen Optionen als Vorauswahl noch Fallen, die uns im Dienste einer unlauteren Bereicherung der anbietenden Unternehmen gegenseitig behindern. Die offenen Dateiformate sind in proprietären Programmen absichtlich nicht voreingestellt. Wir müssen sie beim Speichern erst explizit auswählen, wenn wir andere nicht sinnlos beschränken wollen.
Für uns gibt es jedenfalls keinen vernünftigen Grund überhaupt jemals ein geheimes Dateiformat zu verwenden, wenn auch offene Alternativen verfügbar sind. Wer nicht achtsam ist, erstellt in proprietären Programmen allerdings automatisch unfreie Dateien. Wenn es uns nicht gezielt darum geht anderen über von uns erstellte Dateien das Leben schwer zu machen, gibt es keine vernünftigen Gründe Dateien in proprietären Formaten anzulegen. Im besten Fall ist es sinnlos (und umständlich) proprietäre Programme einzusetzen um damit offene Dateien zu erstellen. Meistens ist es aber leider sogar schädlich weil eben die behindernden Formate darin automatisch verwendet werden. Das bringt die meisten Menschen dazu unbewusst unfreie Dateien zu erzeugen – bloß weil sie sich nicht mehr als unbedingt nötig mit Computern befassen wollen.

Eines der Hauptprobleme ist diesbezüglich, dass derzeit die großen Softwareschmieden die Unternehmen, die Hardware verkaufen, vertraglich exklusiv binden. Es ist nur unter Mühen möglich funktionstüchtig vorkonfigurierte Systeme mit Freier Software zu kaufen. Weil die meisten Menschen durchschnittliche Anforderungen haben und sich nicht mit der Administration ihrer Werkzeuge befassen wollen, verwenden fast alle die vorinstallierten unfreien Systeme. Selbst wenn sie damit nicht weniger Schwierigkeiten als mit alternativen Systemen haben, können sie so zumindest vielleicht lange genug der unliebsamen Wartung ihrer Computer entgehen, bis sie sich einen Ersatz besorgen. Die meisten Menschen arbeiten ohnehin mit viel zu teurer Hardware, deren Kapazität weit über ihrem Anforderungsprofil liegt. Einerseits weil sie von Anfang an viel zu mächtige Hardware kaufen und andererseits weil sie einwandfreie Hardware viel zu schnell ersetzen bloß weil die vorinstallierte Software bald Probleme bereitet und sie lieber gleich ein neues Gerät kaufen als ihre bisherige Ausstattung in Ordnung bringen zu lassen.

Es ist jedenfalls eine ziemlich wahnwitzige Idee ein nur eingeschränkt funktionierendes proprietäres Programm zu kaufen (oder zu leasen) obwohl es für die selben Aufgaben auch freie Alternativen gibt, die gar keine solchen Beschränkungen haben können.

Die meisten unter uns sind es gewöhnt Aufpreise für Funktionen zu bezahlen, die technisch sowieso gegeben wären, wenn die jeweiligen Unternehmen sie nicht aktiv beschränkt hätten, damit sie über eine Freigabe zusätzliche Einnahmen erzielen können. Darüber hinaus ist es asozial ein System mit zu tragen, das Möglichkeiten von der jeweiligen Kaufkraft abhängig macht.

Manche Firmen treiben das Spiel mit Beschränkungen und Gebühren in den letzten Jahren immer weiter. Teilweise nimmt das derart absurde Ausmaße an, dass sogar eingefleischte Fans der Produkte dieser Firmen das Spiel satt haben und beginnen Alternativen einzusetzen. Sie fühlen sich – zu Recht – ausgenutzt. Tragisch, dass beispielsweise Apple in den letzten Jahren trotz einer derartigen Politik Marktanteile dazu gewinnen konnte. Besonders befremdlich ist der Umschwung zu Apple vor allem in Kreisen, die sich sozial engagieren. Das Thema Softwareethik ist offensichtlich nicht bis zu ihnen durchgedrungen. Werbebudgets und hübsche Verpackungen kommen bei großteils unkundigen Leuten besser an als echte funktionale Vorteile. Aber das ist in einer Gesellschaft, in der Konsum und wirtschaftlicher Erfolg wichtiger als partizipative Ermächtigung und Gerechtigkeit sind, auch nicht erstaunlich.

Ein (vielleicht hübsches) Werkzeug, das uns gezielt behindert, ist kein brauchbarer Ersatz für ein funktionales Werkzeug, das uns alle technisch machbaren Handlungsoptionen gibt. Menschen, die sich mit Technik befassen, unterschätzen oft wie sehr die meisten Leute vor technischen Hürden zurück schrecken. Weil die Vorstellung ein System verstehen und in Ordnung bringen zu müssen, so abstoßend ist, sind viele bereit selbst die wahnwitzigsten Bedingungen zu akzeptieren, bloß um sich nicht näher mit Computern befassen zu müssen. Alles, was verspricht wartungsfrei einfach zu funktionieren, ist attraktiver als alles, was irgendeinen persönlichen Einsatz erfordert. Ganz egal wie verrückt die damit verknüpften Bedingungen und Kosten auch sein mögen.

Ich arbeite seit vielen Jahren zu Testzwecken immer wieder mit allen drei großen Plattformen und deswegen kann ich aus Erfahrung sagen, dass alle Ärgernisse verursachen. Die wesentlichen Behinderungen bei Microsoft und Apple sind aber Absicht. Deswegen besteht keine Hoffnung, dass sie jeweils behoben werden. Sie sind Teil des Grundkonzepts und werden sogar größer.

Bei Freier Software resultieren die häufigsten Probleme aus dem Umstand, dass Firmen sie ignorieren oder sogar gezielt behindern. Aber je mehr Menschen Freie Software einsetzen, umso reibungsloser funktioniert sie im Alltag. Bei den proprietären Programmen ist es genau umgekehrt: Je mehr sie benutzen, umso lückenloser können ihre Einschränkungen erzwungen werden. Wenn ein unfreies Produkt volle Marktdurchdringung hat, dann kann es uns trotz der Einforderung von grotesken Gebühren beliebig beschränken. Dann kann sich nämlich niemand mehr dem Monopol entziehen.

Geschlossene Formate zwingen zur Profitmaximierung Leuten die Nutzung bestimmter, absichtlich und unnötig beschränkter Programme auf. Das stört unser Ziel mit möglichst praktischen technischen Lösungen unser Leben zu erleichtern. Wenn wir die Optimierung von Software als Dienstleistung betrachten und Programme nicht als verkäufliche Produkte akzeptieren, können überall die besten Lösungen eingesetzt werden und wir können sie unsern jeweiligen Anforderungen beliebig anpassen (lassen).

Wir steigen wesentlich besser aus wenn wir kundige Leute für die Entwicklung neuer Funktionen bezahlen als wenn wir endlose Lizenzgebühren an Instanzen entrichten, denen unsere Anforderungen egal sind und die als einziges Ziel ihre Profitmaximierung verfolgen.

Es ist destruktiv eine Vorgehensweise zu unterstützen, die davon abhängt bestehende Lösungen zurückzuhalten. Wir sollten unsere Energie stattdessen in Projekte investieren, für die es noch keine Lösungen gibt.

Alle Softwareangebote, die nicht frei geteilt und weiterentwickelt werden können, sind aus meiner Sicht daher eine inakzeptable gesellschaftliche Behinderung, die wir nicht annehmen dürfen, wenn wir in einer fairen, konstruktiven Gemeinschaft leben wollen.

Alle, die proprietäre Software einsetzen, schaden der Allgemeinheit indem sie dazu beitragen, dass unser Gemeinwohl auch weiterhin absichtlich einem rücksichtslosen Profitstreben geopfert wird.

Verhindert Totalüberwachung!

Thursday, January 14th, 2016
Gregor mans the information desk

Es ist leider nicht neu, dass laufend versucht wird, Bürgerrechte abzubauen und der Polizei erweiterte Ermittlungsbefugnisse einzuräumen. Üblicher Weise versuchen unsere politischen Vertretis das möglichst ohne große öffentliche Aufmerksamkeit durchzuziehen. Deswegen bin ich der Datenschutzorganisation AKVorrat sehr dankbar, dass sie aufmerksam war und das geplante Staatsschutzgesetz ans Licht der Öffentlichkeit gezerrt hat.

Dieses Gesetz soll dem BVT umfassende neue Befugnisse einräumen. Das ist jene Institution, die auch bereits den Tierschutzprozess verursacht hat, indem sie Gesetze gebrochen und Gerichte gezielt fehlinformiert hat. Im Wesentlichen soll diese Institution nun zu einem Geheimdienst ausgebaut werden, der komplett losgelöst ohne richterliche oder staatsanwaltliche Genehmigung alle Personen überwachen kann, da die Einschränkungen so vage gehalten sind, dass sie praktisch bedeutungslos sind. Noch nicht mal im Nachhinein soll irgendjemand zuverlässig über die Aktivitäten dieser Institution informiert werden. Ihnen soll das Recht eingeräumt werden selbst alle Schweigepflichten zu übergehen, seien sie nun medizinisch, finanziell oder religiös. Was während dem Tierschutzprozess illegal betrieben wurde, soll nicht etwa abgestellt werden, sondern es soll nun erlaubt werden. Es ist klar, dass eine komplett intransparent im Geheimen agierende Institution, die beliebig Daten sammeln darf, eine große Versuchung darstellt missbraucht zu werden. In Anbetracht immer wieder aufgedeckter Skandale, müssten wir schon sehr naiv sein, um anzunehmen, dass dieser Missbrauch nicht auch umfangreich geschehen wird.

Schon vor Monaten habe ich die dazu gehörige Petition unterstützt und auch aktiv andere Menschen dazu aufgefordert, ebenfalls mitzumachen.

Weil bis Ende Jänner 2016 die Einführung dieses Gesetzes geplant ist, habe ich vor zwei Tagen die Gelegenheit genutzt Abgeordnete diesbezüglich möglichst bequem kontaktieren zu können, die der AKVorrat dankenswerter Weise zu dem Zweck eingerichtet hat.

Eine erste Erfahrung

Wie erwartet haben nur wenige geantwortet. Und bis auf eine Person waren es nur jene, die sich sowieso bereits öffentlich gegen dieses Gesetz ausgesprochen haben.

Diese eine Person hat mich allerdings wirklich veblüfft, weil sie im Brustton der Überzeugung, und offenbar ohne jeden Anflug von Scham, völlig unzutreffende Behauptungen von sich gab. Selbst wenn ich sie auf Widersprüche und Unsinnigkeiten hingewiesen habe, entzog sie sich mit rethorischen Tricks, anstatt darauf einzugehen. Entweder sie wollte mich damit gezielt verunsichern, oder aber sie glaubt diesen in sich widersprüchlichen Unsinn tatsächlich. In beiden Fällen bin ich schockiert eine solche Person im Nationalrat vorzufinden.

Weil vorher nicht klar war, dass ich diese Konversation veröffentlichen werde, habe ich aus Datenschutzgründen den Namen der Person anonymisiert. Um aufzeigen zu können, worauf andere engagierte Menschen gefasst sein müssen, ist es auch nicht nötig die Identität dieser Person im Vorfeld zu kennen.

Im Nachhinein betrachtet, wäre ich gerne sachlicher bzw. höflicher geblieben. Leider haben mich die Aussagen derart empört, dass ich mich zu wertenden Kommentaren und Formulierungen verführen ließ. Das hat es der Person dann leider auch leicht gemacht, die Konversation einseitig abzubrechen.

Die E-Mail-Koversation

On Mon, 2016-01-10 at 11:21, Franz Gratzer wrote:
Betreff: Bitte stimmen Sie gegen das neue Staatsschutzgesetz!

Sehr geehrte Person X!

Eine Institution, die im Verborgenen und ohne jede unabhängige Kontrolle bliebig BürgerInnen überwachen kann, ist mit einer Demokratie völlig unvereinbar.

Bitte stimmen Sie im Parlament klar gegen dieses Staatsschutzgesetz!

Mit freundlichen Grüßen
Franz Gratzer

On Mon, 2016-01-11 at 10:37, X wrote:

Ich bin da vollkommen anderer Meinung: das Staatsschutzgesetz bringt mehr Rechtsstaatlichkeit! Und es schützt Österreich vor terroristischen Angriffen!
LG X

On Mon, 2016-01-11 at 12:21, Franz Gratzer wrote:

Das müsen Sie mir erklären, Person X.

Wie kann unkontrollierbare Überwachung mehr Sicherheit und Rechtsstaatlichkeit bringen? Das widerspricht jeder praktsichen Vernunft.

Wer kontrolliert jene, die sich über alle Menschenrechte hinwegsetzen können, indem sie niemandem Rechenschaft pflichtig sind und trotzdem alle Möglichkeiten haben?

Meiner Kenntnis nach gibt es international gar keine Hinweise dafür, dass Ihre Behauptung in Bezug auf den Schutz vor Terror zutrifft. Auch ist das völlig klar weil die Überwachung ja nur dabei helfen kann im Nachhinein möglicher Weise TäterInnen zu finden. Und auch das scheint bisher nicht zu klappen, wie viele Beispiele zeigen.

Die Opfer für die Zivilgesellschaft sind aber massiv und längst nicht so ungewiss.

Wie stellen Sie sich demokratische Prozesse vor, wenn alle Angst haben müssen, von der momentanen Elite völlig durchleuchtet zu werden und wenn völlig unklar ist, wer die gewonnenen Erkenntnisse wie verwenden kann?

Erschreckend, dass Sie mit solch einer Ansicht im Parlament sitzen könnnen.

Mit schockierten Grüßen,
Franz Gratzer

On Mon, 2016-01-11 at 11:28, X wrote:

Für mich ist erschreckend, dass sie zu solchen Schlussfolgerungen kommen, obwohl dies unsere Verfassung gar nicht zulässt. Daher: könnte es vielleicht sein, dass Sie ihre Meinung von jemand abgeschrieben haben, dem es nicht um Seriosität sondern um Stimmungsmache gegen die Demokratie in Österreich und in Europa ging?

LG X

On Mon, 2016-01-11 at 23:21Franz Gratzer wrote:

Sehr geehrte Person X!

“Für mich ist erschreckend, dass sie zu solchen Schlussfolgerungen kommen, obwohl dies unsere Verfassung gar nicht zulässt.”

Das ist leider ein schwaches Argument. Es wurden schon viele Unsinnigkeiten beschlossen, die später als verfassungswidrig wieder verworfen wurden. Und natürlich passiert das nur unter geeigneten Umständen.

Meinen Sie ernsthaft, dass eine Person in der selben Institution eine unabhängige richterliche Kontrolle ersetzen kann?

Und wollen Sie ernsthaft behaupten, dass diverse juristische ExpertInnen das alles bloß missverstehen und dem entsprechend unangemessene Kritik deponieren?

Mit freundlichen Grüßen
Franz Gratzer

On Tue, 2016-01-12 at 09:38, X wrote:

Ja, sie liegen hier leider vollkommen falsch! Die richterliche Kontrolle ist immer im Nachhinein. Wenn wir die im Vorhinein machen, wer kontrolliert dann danach??? So ist das Strafrecht seit Jahrzehnten aufgebaut und funktioniert perfekt! Und im Vorhinein werden die Massnahmen von einem rechtsschutzbeauftragten kontrolliert bzw. genehmigt dessen Bestellmodus eine noch viel höhere Kompetenz und Unabhängigkeit sichert als die eines Richters!!!
Nutze beschäftigen sie sich genau mit dem österreichischen Rechtssystem und übernehmen Sie bitte nicht Positionen die nur zur Destabilisierung Österreichs und der europäischen Union eingenommen wurden!!!

LG X
Von meinem iPhone gesendet

On Tue, 2016-01-12 at 12:34, Franz Gratzer wrote:

Werte Person X,

“Die richterliche Kontrolle ist immer im Nachhinein.”

Ist es möglich, dass Sie tatsächlich so ahnungslos sind, wie das ihre Zeilen nahe legen oder verbreiten Sie absichtlich gezielte Fehlinformationen um Menschen zu verunsichern, die besorgt den verheerenden Entwurf zum Staatsschutzgesetz kritisieren?

Ich kenne Maßnahmen, die Grundrechte von BürgerInnen verletzten, die in Österreich in der Praxis nur stattfinden dürfen, nachdem unabhängige RichterInnen das genehmigt haben. (Es mag Ausnahmen bei Gefahr in Verzug geben, aber was Sie behaupten, ist allgemein schlicht Unsinn.)

“Wenn wir die im Vorhinein machen, wer kontrolliert dann danach??? So ist das Strafrecht seit Jahrzehnten aufgebaut und funktioniert perfekt!”

In welcher Scheinwelt leben Sie eigentlich? Was funktioniert perfekt? Trotz richterlicher Genehmigungspflicht treffen RichterInnen immer wieder völlig verrückte Entscheidungen, die dann aber wenigstens klar dokumentiert sind und so wenigstens im Nachhinein angefochten werden können.

Im Entwurf für das Staatsschutzgesetz soll der Rechtsschutzbeauftragte noch nicht mal zwingend konsultiert werden, sondern lediglich wenn die ÜberwachungsbeamtInnen, das für angebracht halten. Es ist für die entsprechenden BeamtInnen dann also ein Leichtes ihre Aktivitäten komplett geheim zu halten – also auch gegenüber der Prüfungsinstanz.

“Und im Vorhinein werden die Massnahmen von einem rechtsschutzbeauftragten kontrolliert bzw. genehmigt dessen Bestellmodus eine noch viel höhere Kompetenz und Unabhängigkeit sichert als die eines Richters!!!”

Unglaublich, was Sie da von sich geben. Wenn eine Istitution (in konkreten Fall das Innenministerium) zwei Personen anstellt, von denen eine die andere kontrollieren soll, dann erdreisten Sie sich wirklich zu behaupten, dass diese Konstellation mehr Unbabhängigkeit gewährleisten würde als wenn eine im Vorfeld unklare Person einer komplett unabhängigen Institution mit ganz anderen Interessen diese Kontrolle übernimmt?

“beschäftigen sie sich genau mit dem österreichischen Rechtssystem und übernehmen Sie bitte nicht Positionen die nur zur Destabilisierung Österreichs und der europäischen Union eingenommen wurden!!!”

Bitte beherzigen Sie Ihre eigene Empfehlung! Der Unsinn, den Sie mit unzähligen Rufzeichen flankiert von sich geben, spottet ja jeder Beschreibung.

Die Stellungnahme der in Ihren Augen anscheinend “destabilisierenden” RichterInnenvereinigung hilft vielleicht dabei:

http://tinyurl.com/j2tqkdo

Fassungslos,
Franz Gratzer

On Tue, 2016-01-12 at 13:30, X wrote:

Sorry, aber sie sollten sich wirklich besser informieren… Die Auswahl des Rechtsschutzbeauftragten erfolgt nicht durch das Bmi. Bitte erkundigen sie sich!!
Und zur richterlichen Kontrolle: es ist so wie ich sage mit einer einzigen Ausnahme und diese widerspricht der Rechtssystematik!
LG X

On Tue, 2016-01-12 at 15:24, Franz Gratzer wrote:

Person X,

Sie ignorieren die wesentlichen Fragen und weichen ständig auf unwichtige Details aus. Soll es mehrere Rechtsschutzbeauftragte geben, die einem anderen Ministerium unterstellt sind als die ermittelnden Beamten? (Wenn ja: Wo steht das?) Und werden diese Rechtsschutzbeauftragten zufällig ausgewählt oder soll es Personen geben, die fix bestimmten Bereichen zugeordnet sind?

Wenn Ihrer Meinung nach nur in eine einzige Ausnahme eine vorherige richterliche Kontrolle bei Eingriffen in die Privatssphäre von BürgerInnen vorsieht, dann scheint fast alles in der Praxis Relevante unter diese Ausnahmeregelung zu fallen.

Die Notwendigkeit audiovisuelle Überwachungsmaßnahmen gegen bestimmte Personen vorher richterlich absegnen zu lassen und die Verhängung von Untersuchungshaften sind also Ihrer Logik nach die selbe Ausnahme? Wie nennen Sie diese erstaunlich umfassende Ausnahme?

Franz Gratzer

On Tue, 2016-01-12 at 20:10, X wrote:

Es ist besser wir lassen es… Unsere Auffassungen gehen zu sehr auseinander…
LgX

On Tue, 2016-01-12 at 23:29, Franz Gratzer wrote:

Sehr geehrte Person X,

na vielleicht versuchen wir lieber einen Neustart?

Es tut mir leid, wenn ich in der Hitze des Gefechts grob in meiner Wortwahl war.

Wenn auch Sie an die Möglichkeit einer sachlichen Diskussion zum vermitteln von Standpunkten glauben, dann bin ich bereit es noch einmal neu zu versuchen. An sich sind ja nur Diskussionen mit Leuten sinnvoll, die andere Auffassungen vertreten, denn andernfalls ist es nur ein Bestätigungskreislauf ohne Potenzial für neue Einsichten.

Vielleicht können Sie mir die folgenden Fragen konkret beantworten:

  1. Wieso denken Sie, dass Datenschutzbeauftragte sogar bessere Kontrolle als unabhängige RichterInnen sein können? Und wieso wurde zusätzlich zur datschutzbeauftragten Person bei der Regelung für die Lüftung des Bankgeheimnisses noch eine Richterliche Kontrolle eingerichtet, wenn doch die Datenschutzperson ohnehin eine qualitativ bessere Arbeit leisten kann?
  2. Sehen Sie nicht auch das Problem, dass nur wenige Überewachungen jemals nachvollziehbar dokumentiert und kontrolliert werden wenn die jeweiligen BeamtInnen nach eigenem Ermessen entscheiden können ob sie die datenschutzbeauftragte Person überhaupt konsultieren sollten?
  3. Sehen Sie nicht auch das Problem, dass ein kritisches zivilgesellschftliches Engagement heikel sein kann, wenn Daten gesammelt und aufgehoben werden, die später vielleicht einmal missbraucht werden können, einfach weil sie da sind und eine große Motivation dafür bestehen kann?
  4. Worin konkret sehen Sie Irrtümer in der Kritik, die der AKVorrat in seiner Stellungnahme anmeldet?:

    http://akvorrat.at/sites/default/files/Stellungnahme_PStSG_AAA.pdf

Mit freundlichen Grüßen
Franz Gratzer

Fazit

Es ist offenbar nicht möglich alle Leute über vernünftige Argumente zu erreichen, aber wir haben zumindest die Chance unseren Teil dazu beizutragen in Zukunft nicht völlig unkontrolliert von einer beliebig geheim instrumentalisierbaren Behörde ausspioniert zu werden.

Bitte helft mit und kontaktiert unsere Vertretis im Parlament bzw. unterstützt die diesbezügliche Petition, falls Ihr das nicht schon getan habt!

Es ist im Übrigen in Betreffzeilen der E-Mails sicher empfehlenswert einschlägige Begriffe wie “Staatsschutzgesetz” oder “Überwachung” zu vermeiden, da die angeschriebenen Personen sicher schnell Mailfilter einrichten, die Nachrichten mit solchen Begriffen im Betreff automatisch von ihrem Posteingang fern halten.

Einfach geschlechtsneutral

Friday, August 23rd, 2013

Seit vielen Jahren bekümmern mich die höchst sperrigen Lösungen für eine geschlechtsneutrale Ausdrucksweise. Ganz egal ob es um Binnen-I, Unterstrich, Alternierende Geschlechtszuordnungen oder gar um die permanente Erwähnung beider Geschlechter geht: Nichts davon ist knapp oder einfach. Die meisten Ansätze lösen noch dazu nicht das selbe Problem beim Sprechen. Nur bei einem Geschlecht zu bleiben und dabei irgendwo zu erklären, dass damit trotzdem alle gemeint sind, ist aus meiner Sicht ebenfalls keine zufreidenstellende Lösung. (Wir können das Rad der Zeit nicht zurückdrehen und so tun, als hätten wir nie vom Baum der Erkenntnis genascht und würden das Problem gar nicht erst erkannt haben.)

Leider ist die deutsche Sprache mit völlig unnötigen Geschlechtszuordnungen geradezu gespickt.

Ich sehne mich nach einer wirklich geschlechtsneutralen Ausdrucksweise, die unsere Kommunikation nicht sperriger, sondern sogar einfacher macht.

Im Nachsinnen darüber bin ich ganz zwangsläufig auf die sächliche Form als neutrale Version gestoßen. Wenn wir statt neuen aufwändigen Konstrukten einfach für alle bisher unnötig geschlechtsspezifischen Formen ein simples Neutrum einsetzen, dann müssen wir weder die Grammatik ändern, noch zahlreiche neue Worte erfinden. Wir können dann einfach sächliche Artikel nutzen und sehr einfach wie bisher weiter machen:

Wo wir uns bisher auf Nutzer und Nutzerinnen bezogen oder einen einzelnen Nutzer bzw. eine einzelne Nutzerin ansprachen, könnten wir auch einfach von den Nutzis bzw. dem Nutzi sprechen.

Freilich klingt ein i als Endung statt er oder erin vorerst ungewohnt, aber diese Form ist extrem leicht zu bilden und eindeutig weder männlich, noch weiblich. Auch die Mehrzahl mit einem angehängtem s ist völlig regelmäßig und unkompliziert zu bilden. Da dabei ganz gewöhnlich die sächlichen Artikel verwendet werden können, brauchen wir für eine großflächige Anwendung der neuen geschlechtsneutralen Ausdrucksweise tatsächlich nicht mehr als für alle geschechtsspezifischen Begriffe ein sehr einfach gebildetes Neutrum zu verwenden. (Natürlich können manche neutrale Formen schwerer als andere gebildet werden, aber es sollte absolut kein Problem sein, hier eine allgemeine Empfehlung zu definieren.)

Beispiele:

neutrum (Mehrzahl) männlich (Mehrzahl) weiblich (Mehrzahl)
das Richti (die Richtis) der Richter (die Richter) die Richterin (die Richterinnen)
das Baui (die Bauis) der Bauer (die Bauern) die Bäurin (die Bäuerinnen)
das Arzti (die Arztis) der Arzt (die Ärzte) die Ärztin (die Ärztinnen)
das Heiligi (die Heiligis) der Heilige (die Heiligen) die Heilige (die Heiligen)
das Chefi (die Chefis) der Chef (die Chefs) die Chefin (die Chefinnen)

Ich kann nicht erwarten einen neuen Standard zu definieren, aber ich werde diese Formulierung testweise einsetzen und in der Praxis prüfen auf welche Schwierigkeiten ich damit stoße.

Ist proprietäre Software sittenwidrig?

Thursday, August 22nd, 2013

Aus aktuellem Anlass habe ich mich etwas mit der Rechtslage zum Thema Sittenwidrigkeit in Österreich befasst.

Dabei ist mir im AGBG § 879 folgender Text aufgefallen:

(3) Eine in Allgemeinen Geschäftsbedingungen oder Vertragsformblättern enthaltene Vertragsbestimmung, die nicht eine der beiderseitigen Hauptleistungen festlegt, ist jedenfalls nichtig, wenn sie unter Berücksichtigung aller Umstände des Falles einen Teil gröblich benachteiligt.

Ist es eine Hauptleistung proprietärer Software, intransparent, unnachvollziehbar und nicht anpassbar zu sein? Aus meiner Sicht benachteiligen übliche Nutzungsverträge für proprietäre Software bzw. Dienste ihre Benutzis gröblich. Es ist immerhin klar nicht im Interesse von Nutzis, ohnmächtig der Willkür anderer ausgeliefert zu sein, besonders weil digitale Datenverarbeitung mittlerweile ein unverzichtbarer Bestandteil unseres Alltages ist.

Wie kann es den guten Sitten entsprechen, uns durch Nutzungsverträge derart weitreichend einzuschränken, dass wir keine Chance mehr haben, tatsächlich jene Zwecke zu erfüllen, die uns ursprünglich dazu motivierten, überhaupt einen entsprechenden Vertrag schließen zu wollen? Wer entscheidet sich absichtlich, einen Computer oder einen Service zu nutzen, der ihm keine Privatsphäre erlaubt?

Garantiert will die überwiegende Mehrheit Computer einsetzen, über deren Aktivitäten sie selbst bestimmen kann. Wir holen uns nicht absichtlich ferngesteuerte Drohnen ins Haus, die uns zwar wechselnde fremdbestimmte Interaktionen erlauben, aber eben auch systematisch unsere persönlichen Daten Unbekannten übermitteln.

Die starken Reaktionen auf das Bekanntwerden der groß angelegten Überwachung verschiedener Institutionen (Schlagwörter: PRISM, INDECT, Snowden, …) illustrieren deutlich, wie empört die meisten Menschen über diese Vorgänge sind.

Sie könnten nicht derart empört sein, wenn sie sich wissentlich auf diese Bedingungen eingelassen hätten. Die Fernseuerung und Datenweiterleitung ist offensichtlich in den meisten Fällen keine Hauptleistung der Nutzungsverträge, aber eindeutig zum Nachteil aller, die diese Programme und Dienste nutzen.

Gemäß AGBG § 879 [3] handelt es im Falle proprietärer Software und entsprechenden online Diensten also ganz klar um Verträge, die als nichtig angesehen werden müssen.